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Orakel der Schizophrenie

16. September 2020

Von den Patienten, die an Schizophrenie erkranken, entwickelt etwa die Hälfte eine schizophrene Psychose, der Rest andere psychotische Erkrankungen, wie eine bipolare Störung mit psychotischen Symptomen oder eine schizoaffektive Psychose. Um besser abschätzen zu können, wer was wirklich entwickelt, will ein internationales Forscherteam jetzt bestimmte Biomarker bei Menschen mit Hochrisiko-Symptomatik untersuchen. Als einziges deutsches Studienzentrum ist die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am LMU Klinikum München beteiligt.

Psychiatrische_Klinik_1280 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Im sogenannten Hochrisiko-Stadium einer Schizophrenie können bestimmte Vorsymptome in Erscheinung treten: Schwierigkeiten im sozialen Umfeld, Streit, Kontaktabbrüche, Interessenlosigkeit an sonst geliebten Hobbys und verminderte Leistungen in Schule und Beruf, Angespanntheit, Empfindsamkeit und Verletzlichkeit, Probleme mit Gedächtnis und Aufmerksamkeit, Verwirrung, Ratlosigkeit, Stimmungsschwankungen mit depressiven Phasen, extremes Interesse in Religion oder Kult sowie sozialer Rückzug. Dazu körperliche Symptome wie Magen-Darm-Probleme, vermehrter Speichelfluss und Schwitzen oder eine veränderte Herzfrequenz. Und Schlafprobleme. All diese Symptome können monate-, teilweise jahrelang bestehen, und zwar bei bis zu einem Viertel der Patienten. Sie sind aber relativ unspezifisch. Von den Patienten, die erkranken, entwickelt etwa die Hälfte eine schizophrene Psychose, der Rest andere psychotische Erkrankungen, wie eine bipolare Störung mit psychotischen Symptomen oder eine schizoaffektive Psychose.

„Früherkennung ist bei psychischen Erkrankungen die Zukunft“, sagt Klinikdirektor Prof. Peter Falkai, „denn so können wir den vollen Ausbruch der Psychose verhindern oder schwere Verläufe mildern.“ In diesem Sinne wollen die 27 Teams des internationalen „Psychosis Risk Outcomes Network“ (ProNET) unter Federführung der Yale University für ihre Studie insgesamt über 1.000 Jugendliche und junge Erwachsene rekrutieren – davon 40 in München. Sie zeigen Symptome im Hochrisiko-Stadium.

Die Forscher*innen planen, die Phänotypen – also die unterschiedlichen klinischen Bilder der Hochrisiko-Patienten – genau zu beschreiben. Denn bislang wird sowohl die Therapie der Schizophrenie und der anderen psychotischen Erkrankungen als auch die Entwicklung neuer spezifischer Medikamente durch die große Bandbreite der Symptomatik bei der Erstvorstellung der Patientinnen und Patienten untergraben.

Die Patienten sollen in den kommenden zwei Jahren regelmäßig klinisch untersucht werden, wobei die Ärzt*innen besonderes Augenmerk auf bestimmte Biomarker legen: die Struktur und Funktion des Gehirns, die Psychopathologie und Kognition der Patienten, die Gene und das Verhalten und die Sprache. Das Ziel: mit Hilfe moderner, rechnergestützter Datenanalyse herauszufinden, ob diese Biomarker taugen, um individuelle klinische Schizophrenie-Verläufe über prädiktive Modelle vorherzusagen – und so eine schnelle und spezifische Behandlung einleiten zu können.

Quelle: KUM