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Welt-Tuberkulose-Tag 2024: Langfristige Krankheitsfolgen im Fokus

21. März 2024

Zwei Projekte an der LMU erforschen die Spätfolgen einer Tuberkulose-Erkrankung und wie man Betroffenen helfen kann.

Am 24. März 1882 informierte der Bakteriologe Robert Koch die Öffentlichkeit darüber, dass es ihm gelungen ist, Erreger der Tuberkulose (TB) zu isolieren. Daran erinnert der Welt-Tuberkulose-Tag. Die Erkrankung wird durch Mykobakterien ausgelöst. 142 Jahre später zählt TB immer noch zu den Geißeln der Menschheit. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind im Jahr 2022 circa 10,6 Millionen Menschen daran erkrankt und knapp 1,3 Millionen daran gestorben. Privatdozentin Dr. med. Andrea Rachow forscht an den Spätfolgen einer überstandenen Infektion mit Schwerpunkt auf der sogenannten Post-Tuberkulose-Lungenerkrankung (PTLD). Sie leitet die Arbeitsgruppe „TB Epidemiologie und klinische Kohorten“ der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin am LMU Klinikum, ist Ko-Direktorin des TB-Sequel-Konsortiums und Ko-Leiterin der Einheit Global Health (UGH) von Helmholtz Munich.

„Die Aufmerksamkeit bei der Bekämpfung von Tuberkulose lag bislang vor allem auf der Diagnostik und der Therapie der Erkrankung“, sagt Rachow. „Langfristige Folgen der Erkrankung sind hingegen nach wie vor recht unbekannt.“ Nicht zuletzt durch die SARS-CoV-2-Pandemie habe sich die Sichtweise verändert. „Obwohl Post-COVID pathophysiologisch ein ganz anderes Krankheitsbild darstellt als die PTLD, wurde mehr Bewusstsein auf allen Ebenen dafür geschaffen, dass Infektionen auch langfristige Folgen für die Gesundheit haben können.“

"Wir wollten verstehen, welche langfristigen pulmonalen Folgen die Krankheit hat."
ANDREA RACHOW

Insgesamt 1.500 Teilnehmende wurden zum Zeitpunkt der TB-Diagnose in die Kohorte aufgenommen. „Wir beobachten sie jetzt schon im fünften bis siebten Jahr“, berichtet Rachow. Das Team konnte bestätigen, dass selbst mehrere Jahre nach der akuten Erkrankung bis zu 25 Prozent der Studienteilnehmer moderate bis schwergradige Einschränkungen der Lungenfunktion aufweisen. „Zusätzlich sammeln wir Blut- oder Sputumproben, um immunologische Parameter darin zu bestimmen und zu verstehen, welche inflammatorischen Prozesse am Krankheitsprozess beteiligt sind, vor allem bei einem chronischen Verlauf.“

In diesem Zusammenhang wird untersucht, ob N-Acetylcystein (NAC), ein Wirkstoff, der als Hustenlöser zugelassen ist, auch bei PTLD von Nutzen sein könnte. Eine kleine Pilotstudie hat entsprechende Hinweise geliefert. N-Acetylcystein zeigt antientzündliche Effekte und fängt schädliche Sauerstoffradikale ab. Rachow: „Wir hoffen, dass es unter NAC-Therapie im Verlauf einer TB-Erkrankung zu weniger Gewebeschädigungen und daraus resultierenden Funktionseinschränkungen in der Lunge kommt.“ Neben medizinischen Aspekten geht es bei TB Sequel II auch um ein besseres Verständnis von ökonomischen Auswirkungen, wie die Zunahme von schwerer Armut bei Patienten und Familien, die von TB und PTLD betroffen sind. Untersucht werden auch soziologische Folgen, etwa die Ausgrenzung von Patienten mit PTLD. Nicht zuletzt geht es auch um die mit PTLD verbundenen Kosten für Gesundheitssysteme.

Neues Wissen soll Betroffenen rasch zugutekommen

Im Mittelpunkt steht die Frage, wie es gelingt, Patienten mit PTLD zu versorgen. Die aktuell verfügbare Evidenz ist nicht robust genug, um Leitlinien zu erstellen. Doch die Ergebnisse von Rachows Arbeitsgruppe könnten helfen, den Weg hin zu einer besseren Versorgung von Betroffenen zu ebnen. „Wir arbeiten mit unseren Partnern in verschiedenen afrikanischen Ländern daran, erste Handlungsempfehlungen für die zuständigen Gesundheitsbehörden und Gesundheitssysteme zu erarbeiten“, sagt Rachow. Dies sei ein wichtiger Aspekt der Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), um eine rasche Umsetzung der durch Forschung gewonnenen Erkenntnisse in eine verbesserte medizinische Versorgung von Patienten zu erzielen. „Auch bei RHISSA, Research Networks for Health Innovations in Sub-Saharan Africa, setzt das BMBF neben der Ausbildung von afrikanischen Wissenschaftlern und der Entwicklung von hochklassiger Forschungsinfrastruktur und Forschungsnetzwerken auf den Transfer von Forschungsergebnissen direkt in die medizinische Versorgung vor Ort, u.a. durch eine aktive Einbindung von politischen Entscheidungsträgern in die Planung und Durchführung dieser Projekte.

Der Globale Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria zählt ebenfalls zu den wichtigen Zuwendungsgebern; er finanziert Programme zur TB-Diagnostik und -Therapie. Im Rahmen einer Ausschreibung hatten afrikanische Länder letztes Jahr die Möglichkeit, Fördergelder zu beantragen, erstmals auch für TB-assoziierte Erkrankungen wie die PTLD. „Wichtig zu wissen ist, dass der Global Fund aktuell vor allem Aktivitäten finanziell unterstützt, die im Zusammenhang mit der Versorgung von Patienten mit einer aktiven Tuberkulose stehen. Aber man kann natürlich schon während dieses Zeitraums einer PTLD vorbeugen – und hier sehen wir die Chance“, betont Rachow.

Parallel laufen Aktivitäten der WHO zusammen mit internationalen Experten, darunter auch Forschende des TB-Sequel-Konsortiums, um eine internationale Leitlinie für PTLD zu entwickeln. In Expertenrunden und zunehmend auch in verschiedenen wissenschaftlichen Arbeitsgruppen wird Post-TB mittlerweile ebenfalls zum Thema. Der Weg hin zu einer besseren Versorgung von Patientinnen und Patienten ebnet sich langsam.

Ansprechpartner

Dr. med. Andrea Rachow
Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin,
LMU Klinikum, LMU München
Rachow@lrz.uni-muenchen.de

Quelle: LMU