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Lysosomale Speicherkrankheiten: Ionenkanal als mögliche Zielstruktur für Therapien

09. August 2022

Bei neurodegenerativen Erkrankungen reichern sich Abbauprodukte des Stoffwechsels in Zellen an. Die Modulation eines Ionenkanals könnte einen neuen Therapieansatz darstellen.

stammzellen Induzierte pluripotente Stammzellen und Nervenzellvorläufer mit Mutationen, die lysosomale Speicherkrankheiten verursachen. (Bild: Dominik Paquet )

Der LMU-Pharmakologe Prof. Christian Grimm vom Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie konnte nun in Kooperation mit Prof. Dominik Paquet vom Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung am LMU Klinikum München und mit weiteren Forschenden in Lysosomen einen bestimmten Kationenkanal modulieren. Dadurch verringerten sich sowohl in einem Mausmodell als auch in im Labor kultivierten menschlichen Nervenzellen typische Symptome dreier neurodegenerativer Erkrankungen. Nach Ansicht der Forschenden könnte der Ionenkanal eine Zielstruktur für künftige Therapien sein.

Ein Ionenkanal als Schlüsselstruktur

Schon länger ist bekannt, dass Calciumionen zahlreiche lysosomale Vorgänge regulieren. „Bei der Mukolipidose Typ IV, einer der Erkrankungen, kennen wir bereits eine direkte Verbindung zwischen einer gestörten lysosomalen Calcium-Freisetzung und einer Neurodegeneration, die durch eine Funktionsstörung des lysosomalen Kationenkanals TRPML1 verursacht wird“, sagt Grimm. Störungen der TRPML1-vermittelten Calcium-Freisetzung spielen auch bei anderen Erkrankungen wie Niemann-Pick Typ C1, Niemann-Pick Typ A und Morbus Fabry eine Rolle.

Während der Ionenkanal TRPML1 Thema vieler Forschungsprojekte sei, so Grimm weiter, seien Folgen der Modulation des verwandten Zweiporen-Kanals TPC2 bislang unbekannt. „Wir stellten daher die Hypothese auf, dass eine TPC2-Aktivierung die lysosomale Calcium-Signalübertragung modulieren könnte, vor allem bei lysosomalen Speicherkrankheiten, bei denen TRPML1 verändert ist“, sagt der LMU-Wissenschaftler. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen untersuchte er die Batten-Krankheit, die Mukolipidose Typ IV (MLIV) und die Niemann-Pick-Krankheit vom Typ C. Für alle drei Krankheiten wurde schon gezeigt, dass sie mit einer gestörten lysosomalen Calcium-Signalübertragung und TRPML1-Dysfunktion in Verbindung stehen.

Die Forschenden fanden heraus, dass eine Aktivierung von TPC2 mit kleinen Molekülen dazu führte, dass sich die Ausprägungen der lysosomalen Krankheiten zurückbildeten. Das zeigte sich elektronenmikroskopisch anhand einer geringeren Akkumulation zellulärer Abbauprodukte. Die TPC2-Aktivierung untersuchte das Forscherteam in Hautzellen von Patienten mit Mukolipidose Typ IV, Niemann-Pick Typ C1 oder Batten-Krankheit sowie in Zusammenarbeit mit Dominik Paquet auch direkt in menschlichen Neuronen, die aus Stammzellen hergestellt worden sind. „Zum Nachweis des Konzepts in vivo haben wir die Aktivierung von TPC2 im MLIV-Mausmodell getestet“, sagt der LMU-Pharmakologe. Auch hier bestätigte sich die Hypothese.

Grimms Fazit: „Insgesamt deuten unsere Daten darauf hin, dass TPC2 ein vielversprechendes Ziel für die Behandlung verschiedener lysosomaler Speicherkrankheiten ist.“ Er hofft, dass „eine Aktivierung von TPC2 das Potenzial für neuartige Therapien hat, vor allem bei lysosomalen Speicherkrankheiten mit gestörtem Calcium-Stoffwechsel“.

Titel der Originalarbeit

Rosato A #, Krogsaeter E #, Jaślan D, Abrahamian C, Montefusco S, Soldati C, Spix B, Pizzo M, ..., Medina D #, Paquet D #, Grimm C #
# Contributed equally
TPC2 rescues lysosomal storage in mucolipidosis type IV, Niemann–Pick type C1, and Batten disease.
EMBO Mol Med, 2022 Aug 5;e15377.doi: 10.15252

Ansprechpartner

Prof. Dr. Dr. Christian Grimm
Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie,
Medizinische Fakultät, LMU München
christian.grimm@med.uni-muenchen.de

Prof. Dr. Dominik Paquet
Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD),
Klinikum der Universität München, LMU München
dominik.paquet@med.uni-muenchen.de

Quelle: LMU