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LMU-Mediziner erwartet bessere Prognosen durch KI, doch mehr Validierungen sind erforderlich

08. November 2021

Im Rahmen der „KI Lectures“ erklärt Mediziner Nikolaos Koutsouleris, wie KI den medizinischen Prognosen von Menschen zum Teil schon überlegen ist. Allerdings sind KI-Anwendungen noch nicht ausreichend untersucht und kaum in der Praxis angekommen.

prof-nikolaos-koutsouleris Für Patientinnen und Patienten könnten KI-Anwendungen künftig als Frühwarnsystem dienen, sagt Prof. Nikolaos Koutsouleris.(Bild: LMU)

Künstliche Intelligenz hat in der Medizin stark an Bedeutung gewonnen. Das liegt vor allem daran, dass immer mehr Patientendaten zur Verfügung stehen. „Die Genetik und Bildgebung erlauben es uns, Krankheiten immer weiter aufzuschlüsseln“, erklärt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Professor Nikolaos Koutsouleris, bei der zweiten virtuellen Veranstaltung der „KI Lectures“ der LMU. Allerdings könnte der Mensch diese vielen Informationen wegen sogenannter limitierender Faktoren wie Personal, Zeit, kognitiver Kapazität und finanziellen Faktoren oft nicht richtig verarbeiten. Die Folge: Fehldiagnosen.

KI kann klinischem Personal dabei helfen, die richtigen diagnostischen Entscheidungen zu treffen und die optimalen Therapiemöglichkeiten für die Patienten zu finden. Koutsouleris berief sich zum Beispiel auf eine Studie zum KI-basierten Brustkrebs-Screening, die Kliniker und Patientinnen aus Großbritannien und den USA untersuchte. Dort zeigte sich, dass KI fast bessere Prognosen liefern konnte als die Untersuchung dieser Menschen durch zwei Kliniker. „Wenn nur ein Kliniker die Patientinnen untersucht hat, war KI sogar überlegen“, betont Koutsouleris. „Außerdem kann diese Technologie Betroffenen als eine Art Frühwarnsystem dienen, um sich rechtzeitig in medizinische Behandlung zu begeben. Dies kann Menschenleben retten.“

Viele Studien zur KI in der Medizin sind nicht ausreichend validiert

Dem KI-Einsatz in der Medizin steht allerdings noch ein langer Weg bevor. Zwar werden in den USA von den Regulierungsbehörden immer mehr KI-Produkte zugelassen. „Aber die Qualität der Studien, die KI-Modelle entwickeln, hat leider nicht zugenommen“, unterstreicht der Facharzt. „Außerdem sind circa 95 Prozent der KI-Modelle in der Medizin nicht extern validiert, der therapeutische Nutzen für Patientinnen und Patienten also nicht nach höchstem wissenschaftlichem Standard bestätigt.“ Die Folge: Aktuell steht in der Praxis nur ein Bruchteil aller Lösungen zur Krankheitsvorhersage tatsächlich zur Verfügung.

Dabei ist es besonders wichtig, dass die trainierten KI-Modelle verallgemeinert und interpretiert werden können, um die Risiken für die Patienten zu reduzieren. Aktuell ist es möglich, Patientinnen und Patienten durch KI in rund drei Viertel aller Fälle in die richtige Risikokategorie einzuteilen. Zusammen mit der menschlichen Intelligenz konnte so sogar in 86 Prozent der Fälle eine richtige Entscheidung getroffen werden. Das reicht aber noch nicht für eine Anwendung in der Praxis. Denn aus zeitlichen, finanziellen und ethischen Gründen kann nicht jeder Mensch im Vorfeld so umfassend untersucht werden wie in manchen Studien.

Forschende arbeiten daher intensiv an der Verallgemeinerbarkeit der Daten und Modelle, um bessere Krankheitsprognosen erstellen zu können. „Wenn die Entwicklung der Algorithmen weiter so fortgesetzt wird wie bisher, könnte ich mir vorstellen, dass KI in zehn bis 15 Jahren in medizinische Entscheidungsprozesse stark eingebunden wird“, prognostiziert Koutsouleris.

Ansprechpartner

Prof. Dr. med. Nikolaos Koutsouleris
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
LMU Klinikum München
Nikolaos.Koutsouleris@med.uni-muenchen.de

Quelle: LMU