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Positive Worte während der Narkose verringern Schmerzen

14. Januar 2021

Positive Worte während einer Vollnarkose verringern postoperative Schmerzen und den Bedarf an Schmerzmitteln. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forscherteam der anaesthesiologischen Universitätsklinika der LMU München, Köln, Kassel, Regensburg und der Ruhr Universität Bochum. Über die Ergebnisse ihrer Studie berichten die Forschenden in der Weihnachtsausgabe des renommierten British Medical Journal.

vollnarkose Positive Worte während einer Vollnarkose verringern postoperative Schmerzen und den Bedarf an Schmerzmitteln. (Bild: LMU Klinikum)

Insgesamt wurden 385 Patientinnen und Patienten, unterteilt in zwei Gruppen, in die Studie eingeschlossen. Die Patient*innen hörten nach Beginn der Narkose über die Dauer der Operation hinweg eine Tonaufnahme mit positiven und unterstützenden Worten, so genannte therapeutische Suggestionen, zusammen mit Musik über einen Kopfhörer. Eine Kontrollgruppe erhielt Kopfhörer, hörte jedoch keine Tonaufnahme.

Innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Operation empfanden die mit Suggestionen behandelten Patient*innen geringere Schmerzen. Damit mussten sie weniger häufig mit Opioid-Schmerzmitteln behandelt werden als Patienten der Kontrollgruppe. Auch die individuell notwendige Schmerzmittel-Dosis wurde durch die therapeutische Suggestion um ein Viertel verringert.

„Die akustischen Stimulationen sind ohne Nebenwirkungen und lassen sich ohne Zusatzkosten nutzen, um die postoperative Schmerzwahrnehmung zu verringern. Damit konnten wir teilweise auf Schmerzmittel mit ihren potentiellen Nebenwirkungen verzichten,“ erklärt Privatdozent Dr. med. Thomas Saller, der die Studie an der Klinik für Anaesthesiologie des LMU Klinikums betreut hat. „Bei einem von sechs behandelten Patienten war sogar gar keine Opioidgabe nach der Operation notwendig.“ Therapeutische Kommunikation wirkt dabei über auditive Reize, die vom Unterbewusstsein sogar unter Narkose wahrgenommen werden.

Am Studienzentrum München wurde noch ein weiterer wichtiger Aspekt untersucht. „Wir erforschen seit vielen Jahren, wie sich chirurgische Eingriffe und Intensivtherapie auf die kognitiven Leistungen von Patienten auswirken,“ erklärt PD Dr. Saller. Gerade Ältere klagen nach komplizierten Operationen häufig über abnehmende Konzentration, Gedächtnisstörungen oder Orientierungsprobleme, so genannte postoperative neurokognitive Defizite oder kurz POCD. Das rasche Zurückerlangen der Orientierungsfähigkeit nach dem Erwachen aus der Narkose spielt offenbar eine wichtige Rolle im Hinblick auf unmittelbare Verwirrtheitszustände (Delir) und im weiteren Verlauf auf geistige Fähigkeiten. Die Ergebnisse sind erstaunlich: Patient*innen nach therapeutischer Kommunikation waren bereits bei Ankunft im Aufwachraum deutlich besser orientiert als die Patient*innen der Kontrollgruppe, die nur ein leeres Tonband hörten. „Therapeutische Suggestionen könnten damit besonders bei der Prävention des Aufwachdelirs hilfreich sein“, ordnet PD Dr. Saller das Ergebnis ein.

Titel der Originalarbeit

Nowak H, Zech N, Asmussen S, Rahmel T, Tryba M, Oprea G, Grause L, Schork K [...], Hansen E
Effect of therapeutic suggestions during general anaesthesia on postoperative pain and opioid use: multicentre randomised controlled trial
BMJ. 2020; 371:m4284.

Ansprechpartner

PD Dr. med. Thomas Saller
Klinik für Anaesthesiologie
+49 89 4400 81213
thomas.saller(at)med.uni-muenchen.de

Quelle: LMU Klinikum