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Exzellenzcluster MAP: Bessere Strahlen für effektivere Medizin

friedl Privatdozentin Dr. Anna Friedl
Leiterin des Bereichs Strahlenbiologie am Klinikum

Die einen wie Privat-Dozentin Dr. Anna Friedl wollen mit einer neuen Technologie die Strahlentherapie für Krebspatienten optimieren, die anderen wie Privat-Dozent Dr. Fabian Bamberg mit dem sogenannten Röntgen-Phasenkontrast die Früherkennung von Brusttumoren oder Herz-Kreislauferkrankungen. „Da war von Anfang an die Idee, nicht nur Physik zu machen, sondern das ganze auch in Richtung medizinische Anwendung zu treiben“, sagt die Leiterin des Bereichs Strahlenbiologie der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Klinikum der Universität München und spricht vom „Munich Centre for Advanced Photonics“ (MAP). Seit 2007 bereits kooperieren in diesem Exzellenz-Cluster Teams verschiedener Forschungszentren in und um München: das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, die Technische Universität, die Universität der Bundeswehr, das Helmholtz-Zentrum, das Max-Planck-Institut für Quantenoptik und die LMU mit ihren Physikern, Geologen, Chemikern und Biologen wie Anna Friedl.

bamberg Privatdozent Dr. Fabian Bamberg
arbeitet an der Klinik für Radiologie

Und Medizinern wie Fabian Bamberg von der Klinik für Radiologie in Großhadern. Der Röntgenexperte freut sich darüber, dass der Cluster in 2012 um fünf Jahre verlängert wurde. Langfristiges Ziel: Mit Hilfe der Partner Innovatives zu schaffen. „Wir schauen ganz fasziniert zu, wie vor unseren Augen zum ersten Mal seit Jahrzehnten eine neue Form der Bildgebung entsteht“, schwärmt er und meint die Darstellung von Gewebe mit dem Phasenkontrast. Im Zuge der konventionellen Röntgen- und computertomografischen Diagnostik schicken die Mediziner Strahlen durch ein Gewebe. Je dichter dessen Strukturen, desto mehr Strahlen werden verschluckt. Die restlichen aus dem Körper austretenden Strahlen empfängt ein Detektor, der mit Hilfe moderner Rechnertechnik ein Bild des Gewebes mitsamt seiner krankhaften Veränderungen erzeugt. Doch die Technik eignet sich vorwiegend für härtere Gewebe wie Knochen. Weiche Gewebe wie in vielen Organen vermag die Magnetresonanz-Tomografie besser abzubilden. Statt wie beim CT Röntgenstrahlen durch den Körper zu senden,wird das Gewebe bei der MRT einem Magnetfeld ausgesetzt. Doch auch diese Methode funktioniert keineswegs perfekt und kann beispielsweise die Röntgen-Mammografie von Brusttumoren nicht ersetzen, weil sie öfter gesunde Gewebestrukturen als vermeintlich bösartig darstellt. Und: „Idealerweise wollen wir harte und weiche Gewebe kostengünstig und praktikabel mit einem einzigen Gerät in möglichst guter Auflösung zeigen“, erklärt Bamberg.

"Wir konnten die Grenzbereiche zwischen Tumoren und gesundem Gewebe in der Brust viel genauer darstellen"

Der Phasenkontrast könnte irgendwann die Probleme lösen. Das Prinzip: Kohärente – also streng parallel angeordnete – Röntgenstrahlen sollen durch den Körper gesendet und deren Wellenablenkungen beim Durchgang durch das Gewebe erfassbar gemacht werden. Damit lassen sich krankhafte Veränderungen sichtbarmachen. Selbst nach fünf Jahren intensiver Forschung steht die Methode noch am Beginn ihrer Karriere. Das Problem: Lange ließen sich solche kohärenten Strahlen nur mittels riesiger Teilchenbeschleuniger-Anlagen erzeugen. Doch zusammen mit internationalen Kollegen hat Prof. Franz Pfeiffer von der TU München nun eine spezielle Apparatur entwickelt, die die Anwendung mit herkömmlichen klinisch etablierten Röntgenröhren erlaubt. Die Strahlen der Röntgenröhre passieren ein Gitter und werden dadurch in kohärente Strahlen umgewandelt. Diese passieren das Gewebe, was zu Veränderungen der Phasenverschiebung führt, die gemessen werden können. Basierend auf diesem Prinzip haben die Forscher inzwischen einen Phasenkontrast- Scanner für Mäuse gebaut.

„Ganz begeistert“ gibt sich Bamberg von den ersten Aufnahmen. So konnten die Wissenschaftler Emphyseme in den Lungen der Nager identifizieren – eine Erkrankung des Atemorgans, die die Radiologen mit ihren herkömmlichen Geräten bislang nicht frühzeitig erkennen können. Die Forscher haben zudem besonders gefährliche Anteile in atherosklerotischen Gefäßablagerungen dargestellt. Auch das ist ein Novum. Und nicht zuletzt „konnten wir die Grenzbereiche zwischen Tumoren und gesundem Gewebe in der Brust und selbst kleine Infiltrationen von Krebsgewebe viel besser und genauer darstellen“, betont Bamberg. Das könnte eines Tages eine schonendere und genauere Chirurgie von Brusttumoren ermöglichen. Und eine exaktere und sichere Früherkennung von Brustkrebs. Bis dahin bleibt allerdings noch viel zu tun. Vor allem wollen die Physiker und Mediziner im MAP-Cluster ihrem eigentlichen Ziel näher kommen: die Röntgenstrahlen mit Hilfe von Lasern kohärent zu machen und einen kompakten Scanner zu konstruieren.

Das Tempo der Ionen genügte, um zumindest einzelne Zellen sterben zu lassen.

ct

Auch Anna Friedl hofft auf Fortschritte in der Lasertechnologie. Allein in Deutschland behandeln Ärzte alljährlich hunderttausende Krebspatienten strahlentherapeutisch. „Das funktioniert im Großen und Ganzen gut“, sagt die Biologin, „aber wir können uns ja noch verbessern.“ Zum Beispiel dank der Therapie mit Kohlenstoff-Ionen und Wasserstoff-Ionen (Protonen). Diese Teilchen lassen sich aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften genauer im Tumor verabreichen als herkömmliche Strahlen, so dass sie kein benachbartes gesundes Gewebe beschädigen. Damit sie allerdings Gewebe durchdringen und wie Strahlen wirken können,muss man sie beschleunigen. Dafür braucht es bislang riesige Anlagen, die nicht in den Keller eines gewöhnlichen Krankenhauses passen.

Die neue Idee: Die Ionen mit Hochenergielasern auf Geschwindigkeiten zu bringen, die für die Therapie notwendig sind. „Dann könnten wir die entsprechenden Anlagen kleiner und preiswerter machen und weiter verbreiten“, erklärt die Strahlenbiologin. Eine große technische Herausforderung, die noch Mühen kosten und intelligente Strategien erfordert. Zwar schaffen es die MAP-Physiker inzwischen, die Teilchen mit ihren Lasern zu beschleunigen. Doch sind die Ionen noch nicht schnell genug für eine Anwendung am Menschen. Und es werden noch unbrauchbare Atome und Moleküle mit beschleunigt, die die Wissenschaftler wieder „entsorgen“.

Trotzdem „haben wir erstmals gezeigt, dass die derzeit verfügbare Laser-Technologie die Erbsubstanz von Krebszellen beschädigt“, sagt Anna Friedl. In einer kompakten Versuchsapparatur – sie passt in einen normal-großen Raum– hat der Laser Energiepulse auf eine Art Folie „geschossen“, die mit Atomen bestückt war. Zuerst lösen sich die negativ geladenen Elektronen aus den Atomen. Es verbleiben positiv geladene Ionen. Zwischen Plus und Minus baut sich ein Spannungsfeld auf, in dem sich die positiv geladenen Ionen beschleunigen. Eine spezielle Apparatur „fischt“ dann die gewünschten Kohlenstoff- und Wasserstoff-Ionen heraus, die schließlich auf die Zellen treffen.

Das Tempo der Ionen genügte, um zumindest einzelne Zellen sterben zu lassen. „Wir sehen die erwünschten Strahlenschäden“, unterstreicht die Münchner Forscherin. Und die eingesetzte Strahlendosis erzeugte offenbar den gleichen Effekt wie Ionen, die von den bisher üblichen Riesenanlagen beschleunigt werden. „Das ist ein wichtiger Punkt für eine spätere Behandlung von Menschen“, so Friedl. Nun hoffen die Wissenschaftler darauf, in fünf Jahren die Ionen so weit auf Tempo zu bringen, um ein krebskrankes Tier behandeln zu können.

Quelle: Jahresbericht 2012 (Text und Bildnachweis)